Civil Protect ist ein europäisches Pilotprojekt im Sinne einer ganzheitlichen Sicherheit.
Die diesjährige Auflage von Civil Protect beitet einen neuen Schwerpunkt zu einem brandaktuellen und lebenswichtigen Thema: Sicherheit am Arbeitsplatz. Aus Anlass der jüngsten dramatischen Ereignisse mit mehreren aufsehenerregenden tödlichen Arbeitsunfällen, veröffentlichen wir ein Interview mit Claudio Corrarati, dem Präsidenten der Südtiroler Vereinigung der Handwerker und Kleinunternehmen CNA/SHV und einem der wichtigsten Experten zur Arbeitssicherheit im Lande.
Die Tragödie in Prato fügt den mehr als 180 tödlichen Arbeitsunfällen in den ersten drei Monaten 2021 ein weiteres Opfer hinzu. Das sind erschreckende Zahlen, aber liegen sie im Durchschnitt der letzten Jahre oder erleben wir einen neuen Aufschwung?
Die statistischen Daten sind leider seit mehreren Jahren dieselben. Wir haben in Italien im Durchschnitt drei Todesfälle am Arbeitsplatz - pro Tag. Dieser Trend hat sich nach umfangreichen Schulungen und Informationen in einigen Sektoren, wie z. B. im Baugewerbe, in der Landwirtschaft und in der Gastronomie, zwar verbessert, aber nunmehr auf diesem Niveau eingependelt. Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist allerdings bewusst, dass sich etwas ändern muss.
Hat die Pandemie auch im Bereich der Sicherheit am Arbeitsplatz Folgen?
Die Pandemie hat vor allem das Bewusstsein geschärft: Arbeitssicherheit ist wichtiger geworden als andere Aspekte des Unternehmens. Gleichwohl werden die Hauptverletzungsrisiken, wie Stolpern, Rutschen und Stürzen (SRS-Unfälle), die mehr Todesfälle verursachen als die Pandemie, als weniger gefährlich angesehen als das Virus. Wir müssen diese neue Sensibilität neu ausbalancieren, indem wir jedem Risiko den richtigen Wert beimessen.
Was müsste sich ändern, um das Ziel von null Arbeitsunfällen zu erreichen?
Null Arbeitsunfälle sind nicht realistisch. Realistische Ziele sind null Todesfälle bei der Arbeit und die Eindämmung der Risiken und Folgen von Unfällen.
Abgesehen von aufsehenerregenden Fällen, hat das Thema Arbeitssicherheit die mediale und politische Relevanz, die es verdient?
Die aufsehenerregenden Fälle, vor allem sofern sie gehäuft auftreten und hohe Medienresonanz erfahren, rücken als Sensationsmeldungen kurz ins Rampenlicht, verschwinden dann allerdings wieder genauso schnell aus der kollektiven Aufmerksamkeit. Es wäre wünschenswert, wenn Medien über diese durchschnittlichen drei Todesfälle am Arbeitsplatz pro Tag berichten und informierten. Dies würde auch eher politische Ergebnisse zeitigen.
Welchen Beitrag kann eine Messe wie Civil Protect zu einem Thema von solcher Bedeutung leisten?
Jedes Jahr verzeichnen wir in Italien rund eine Million Arbeitsunfälle und 4,5 Millionen Unfälle im Haushalt. Stürze, Verbrennungen und Schnittverletzungen im Haushalt sind sehr häufig, viel häufiger als am Arbeitsplatz. Civil Protect möchte den Schutz des Menschen in den Mittelpunkt stellen und dabei die Sachzwänge der Sicherheitsvorschriften überwinden. Wir befinden uns an einer Zeitenwende: Der Katastrophenschutz muss auf die 24 Stunden eines Tages ausgedehnt werden. In diesem Sinne ist Civil Protect ein Pilotprojekt in Europa im Sinne einer ganzheitlichen Sicherheit.